Microsoft hat sein Ethik-Team für KI entlassen
Wer hätte Anfang des Jahres gedacht, dass wir uns 2023 so viel über Künstliche Intelligenz (KI) unterhalten werden. Tatsächlich aber hat ChatGPT eine Revolution ausgelöst, die auch und gerade die Arbeit mit Microsoft Dynamics verändern wird. Vor diesem Hintergrund lässt ein Bericht des „Platformers“ aufhorchen, wonach die Redmonder die komplette „Ethics and Society“-Mannschaft der KI-Abteilung gefeuert hat. Also die wenigen, die noch da waren. Branchenbeobachter und KI-Forscher sind entsetzt – dem Missbrauch sei nun Tür und Tor geöffnet.
Bereits im Oktober vergangenen Jahres hat Microsoft den Gutteil seines KI/Ethik-Teams entlassen, am 3. März mussten die verbliebenen sieben Mitarbeiter gehen. 2020 verfügte das Team noch über 30 Köpfe, darunter Ingenieure, Designer und Philosophen, so Platformer. Ihr Job bestand darin, KI-Prinzipien in die Produkte des Konzerns zu integrieren. Laut diversen Medienberichten aus den USA hat die Ethik-Gruppe zuletzt versucht, Risiken in der KI-Strategie Microsofts zu identifizieren. Dafür soll ein Rollenspiel namens „Judgement Call“ entwickelt worden sein, das potentielle Schäden durch KI noch während der Produktentwicklung prognostizieren könne.
Konkret mahnte das Ethik-Team davor, den „Bing Image Creator“ zur freien Nutzung ins Netz zu stellen. Das populäre Produkt kann Lieder oder Bilder im Stil bestimmter Künstler erstellen, und zwar täuschend echt – was generell künstlerische Werke abwerten sowie das Copyright verletzen könnte, so das Team in einer Memo an die Geschäftsführung. Tatsächlich laufen bereits erste Klagen, die die Nutzung von Kunstwerken als Trainingsdaten untersagen wollen.
Entlassungen sorgten für Bestürzung
Die neuen, bereits erfolgten Entlassungen sind Teil der firmenweiten Entlassungswelle, die Mitte Januar mitgeteilt wurde, und der 10.000 Stellen zum Opfer gefallen sind. Nun zeigen sich Experten betroffen: „Ich bin besorgt über den Zeitpunkt dieser Entscheidung, da Microsoft eine Partnerschaft mit OpenAI eingegangen ist und ChatGPT in seiner Suchmaschine Bing und in anderen Diensten verwendet“, zitiert das „Popular Science“-Magazin aus einer E-Mail des Assistenzprofessor für Kommunikation mit Schwerpunkt auf Mensch/KI-Interaktion an der Northwestern University, Duri Long. „Diese Technologie ist neu, und wir lernen immer noch über ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Meiner Meinung nach sind engagierte Ethikteams für die verantwortungsvolle Entwicklung jeder Technologie von entscheidender Bedeutung, insbesondere bei KI.“
Aber: Microsoft unterhält immer noch ein separates Office of Responsible AI, das Prinzipien und Richtlinien zur Überwachung von Initiativen im Bereich der künstlichen Intelligenz definieren soll. Ob es noch großen Einfluss haben kann, wird allerdings bezweifelt. Auch ist die Personalstärke des Teams nicht bekannt.
Hintergrund: Der Kampf mit Google
So oder so: Microsoft folgt mit den jüngsten Entlassungen dem Konkurrenten Google, der sich bereits vor über zwei Jahren unter anderem von Stardesignerin Timnit Gebru getrennt hat, die einen kritischen Umgang mit der KI angemahnt hatte. Sie mussten bis heute zwei weitere Führungspersonen folgen, darunter dieses Jahr Meg Mitchell, die bis 2016 noch für Microsoft in verantwortlicher Position gearbeitet hatte.
Diese Vorgänge belegen Aussagen von betroffenen Ex-Mitarbeitern von Microsoft, wonach sich das Unternehmen im Kampf mit Google um die KI-Herrschaft nicht durch ethische Bedenken ausbremsen lassen will – und vice versa. Zu bedenken gilt hier: Die Microsoft-Suchmaschine Bing wurde erst kürzlich mit ChatGPT aufgewertet – die Zugriffszahlen schnellten daraufhin enorm in die Höhe, zuletzt vermeldete Microsofts Vice President Yusuf Mehdi 100 Millionen Nutzer pro Tag. Nach Angaben von „Business Insider“ bedeutet jedes Prozent Such-Marktanteil, das Microsoft dem Widersacher Google wegnehmen kann, zwei Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr mehr. Das dürfte einiges erklären.
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