Grundlagen Microsoft Viva: Ist Viva eine vollständige HR-Suite oder nur ein speziell konfiguriertes Teams?
Mit der kürzlich vorgestellten Viva-Suite hat Microsoft ein Paket aus Microsoft 365-Elementen geschnürt, das speziell auf Aufgaben rund um das Personalmanagement (HR) zugeschnitten ist. Für welche Aufgaben sich Viva im Detail eignet, und wie es sich gegenüber dem Wettbewerb dedizierter HR-Lösungen präsentiert, hat Sam Marshall von der britischen Clearbox Consulting analysiert.
Viva gliedert sich in die vier Bestandteile Viva Connections, Viva Insights, Viva Learning und Viva Topics (hier unsere Übersicht). Nicht alles davon ist neu, schreibt Marshall auf CMSwire. So ist beispielsweise Viva Connections im Wesentlichen eine SharePoint-Homepage in Teams, und Viva Topics basiert auf dem Project Cortex. Allerdings zeigt Microsoft mit Viva einen Weg auf, wie es seine Tools zukünftig besser für bestimmte Zwecke integrieren kann.
Teile von Viva eignen sich für kleine, andere für große Unternehmen
Soweit man Viva bis jetzt einschätzen kann, scheinen sich einige Elemente besser für kleine und mittlere Unternehmen zu eignen, andere eher für große Unternehmen. Ein Beispiel dafür ist das Intranet-Element. Hierbei handelt es sich lediglich um eine SharePoint Site, die in die Tool-Leiste von Teams eingebettet wurde, mit dem Firmenlogo als Navigations-Symbol. Technisch steckt dahinter eine SharePoint-Hubsite, die auf der neuen SharePoint-App-Leiste mit der globalen Navigation basiert.
Eine solche Hubsite kann Inhalte von vielen anderen Sites aus der Organisation aggregieren. Allerdings findet man in großen Unternehmen meist komplexere Intranet-Strukturen vor, die verschiedene Standorte und Geschäftsbereiche umfassen. Solange SharePoint solche Strukturen nicht unterstützt, wirkt das ganze wie eine kleines SharePoint-Intranet, das Teams als Browser nutzt. Bis jetzt sieht es nicht danach aus, dass Viva hier mehr Funktionalität bringt.
Viva Learning wirkt ebenfalls eher wie eine Lösung für kleinere Unternehmen, die bisher nichts entsprechendes im Einsatz hatten. Die meisten großen Unternehmen verfügen bereits über Lernplattformen. Und dabei reicht es meist nicht nur aus, Schulungsmaterial bereitzustellen, sondern es sind auch Funktionen wie die Integration in die Entwicklungsplanung gefragt.
Viva Topics – per KI organisiertes Unternehmenswissen
Viva Topics hingegen wirkt wie ein Enterprise-Tool. Damit werden große Organisationen adressiert, die über hunderte von Akronymen, Fachbegriffen und Projektnamen verfügen. Hier besteht dann auch der Bedarf für ein System, das diese definiert, und Beschreibungen in verschiedenen Arbeits-Kontexten wie E-Mails oder Dokumenten einblendet.
Laut Microsoft übernimmt die KI das Erkennen und das Organisieren der Informationen. Doch wie schon bei Enterprise Search kommt es hier darauf an, dass die Inhalte qualitativ hochwertig und gut strukturiert sind. Sobald es notwendig erscheint, die Inhalte zu kuratieren, steigt der Aufwand schnell enorm an.
Microsoft adressiert die Zielgruppe HR-Abteilung
Microsoft spricht mit Viva ganz klar die Zielgruppe Personalmanagement (Human Ressources – HR) an. Der Grund dafür dürfte sein, dass Office 365 bisher vorwiegend in den Zuständigkeitsbereich der IT fiel, was oftmals zu einer mangelnden Unterstützung aus der geschäftlichen Führung führte. Hinzu kommt der Umstand, dass die HR-Budgets meistens höher sind als die der Kommunikationsabteilungen, und dass HR meist auch über einen besseren Draht in die Führungsetagen verfügt.
Ist Viva also eine Lösung, wie sie sich HR-Abteilungen wünschen? Das ist nach Einschätzung von Marshall eher nicht der Fall, denn hier tummeln sich am Markt bereits zu viele etablierte Anbieter wie Workday, Peplesoft oder SAP Success Factors.
Viva sollte weder Workplace Hub noch weiteres Teams Add-on sein
Die Idee, dass Viva einen integrierten Digital Workplace Hub für alle Mitarbeiter darstellt, entspricht ebenfalls nicht unbedingt den Anforderungen der Praxis. Abhängig vom Aufgabenfeld sieht der Startpunkt für einen Wissensarbeiter anders aus als der in der Sachbearbeitung, im Ingenieurumfeld, in der Logistik oder in der Produktion.
Ein weiteres Problem stellt die Überbeanspruchung von Teams dar, das mit mit immer mehr Apps und Aufgaben als Frontend überfrachtet wird. Wenn alle Apps und Sites aus dem Unternehmen hineingepfropft werden, dann geht die Übersichtlichkeit in Teams verloren und die Ablenkung wächst. Wer sich beispielsweise durch Lerninhalte arbeiten muss, möchte nicht andauernd Chat- und Meeting-Meldungen sehen, die im selben Interface auftauchen.
Wächst Viva in die großen Fußstapfen hinein?
Mit der Zeit erwächst Viva vermutlich tatsächlich zu einer umfassenden Employee-Experience-Plattform. Noch aber deckt die aktuell erkennbare Ausprägung nur ein paar Grundanforderungen ab. Das sieht nach sehr großen Fußstapfen aus, in die Microsoft treten möchte. Auf der anderen Seite reduzieren sie damit auch die Gründe, die die Kunden zur Abkehr von ihrem Ökosystem bewegen könnte. Wenn sie das Momentum beibehalten können, sollte ihnen das gelingen.
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Danke für die Einschätzung Wolfgang