Warum SharePoint statt Fileserver? Besserer Schutz gegen Datenverlust dank 'Versionsverlauf'

SharePoint VersionsverlaufDer Versionsverlauf (Versionierung/Version History) gehört zu den nützlichsten Einzelfunktionen von SharePoint überhaupt – speziell wenn SharePoint einen Fileserver ersezten soll. SharePoint legt dabei in Dokumentenbibliotheken eine laufende Liste aller Änderungen von Dateien an und gibt den Benutzern Zugriff auf alte Kopien der jeweiligen Dateien mit Versionsnummern und weiteren Metadaten. Auf den ersten Blick ähnelt das der Funktionalität eines klassischen File-Servers mit Backup – ohne kostspielige SharePoint-Infrastruktur. Doch im Folgenden werden die entscheidenden Unterschiede und Vorteile des Versionsverlaufs im Detail vorgestellt:

Zwei Einsatzmöglichkeiten des Versionsverlaufs:

1. Klassischer Versionsverlauf: SharePoint arbeitet hier ähnlich wie ein klassischer Datei-Server, aber mit besonderen Funktionen des Versionsmanagements. Benutzer können hierbei stets auf verschiedene historische Kopien einer Datei zurückgreifen. Damit ist laufend dokumentiert, wer wann welche Änderungen vorgenommen hat. Falls Fehler auftauchen, können beliebige ältere Versionen wiederhergestellt werden.  Ein weiterer Vorteil ist, dass jeder Benutzer dies ohne Hilfe der IT-Abteiung selbst erledigen kann.
2. Als Release-System: Dokumente können in einem Verfahren publiziert werden, das dem bei der Softwareentwicklung ähnelt. Eine Versionsnummer hat dabei eine Bedeutung, Zugriff auf weitere Typen oder Entwürfe ist beschränkt und Dokumente sind generell stark reglementiert. Dieses Verfahren ist für Unternehmen nützlich, aber etwas komplizierter aufzusetzen.

In diesem Beitrag steht der Versionsverlauf im Auslieferungszustand von SharePoint im Fokus (Punkt 1). In einem zukünftigen Beitrag wird näher auf die Möglichkeiten unter Punkt 2 eingegangen.

Warum ist die Verwendung des Versionsverlaufs nützlich?

Wenn im Unternehmen klassische Datei-Server und Netzlaufwerke als Ablagen genutzt werden, fehlt prinzipbedingt ein Mechanismus zum Wiederherstellen alter Dateiversionen. Üblicherweise richtet man deshalb Backup-Mechanismen ein, um zurückliegende Zustände von Dateien zu erstellen. Allerdings kommt es dabei stark auf die gesetzten Intervalle an: Erfolgt das Speicher-Backup nur über Nacht, kann im schlimmsten Fall immer die Arbeit eines kompletten Tages verlorengehen. Selbst wenn kürzere Backupintervalle eingrichtet sind, ist das Risiko größerer Arbeitsverluste gegeben.

Im Gegensatz dazu erstellt der Versionsverlauf von SharePoint jeweils eine neue Version einer Datei, wenn:

  1. die Datei gespeichert wird
  2. die Datei eingecheckt wird
  3. eine bestehende Datei überschrieben wird
  4. beim „gemeinsamen Bearbeiten“ jede halbe Stunde

Warum ist diese SharePoint-Lösung besser? Weil immer dann neue Versionen erstellt werden, wenn es geboten ist oder der Anweder es bewusst auslöst. Die Benutzer müssen sich so nicht mehr auf ein externes Backup-System mit möglicherweise unklaren Speicherintervallen verlassen. Und sie können nach belieben zwischen vorangegangenen Versionen springen und sogar eine historische Version wiederherstellen und dabei die aktuelle überschreiben. Mit dem Versionsverlauf haben die Benutzern selbst die volle Kontrolle über den gesamten Lebenszyklus einer Datei.

Wie funktioniert der Versionsverlauf?

Zuerst einmal aktivieren!

Um in den Genuss dieses Sicherheits-Features zu kommen, muss man zunächst einmal sicherstellen, dass der Versionsverlauf in der Dokumentenbibliothek tatsächlich aktiviert ist. Bei SharePoint 2013 ist er zunächst ausgeschaltet, während er in SharePoint Online seit Ende 2015 eingeschaltet ist. Und so kontrolliert man die Aktivierung – in der neuen Modern-Bibliotheksansicht oder in Classic (mit Ribbon):SharePoint Versionsverlauf kontrollieren

Wann werden Versionen von Dateien erzeugt?

SharePoint erzeugt bei folgenden Vorgängen eine neue Dateiversion:

  1. Speichern der Datei (Client-Anwendung): Wenn man in einer Client-Anwendung  eine Datei aus einer SharePoint-Bibliothek bearbeitet und „Speichern“ klickt, wird eine neue Version erzeugt. Das passiert aber nicht bei Browser-Apps wie Office Web Apps (OWA) oder Office Online (OO)
  2. 30 Minuten bearbeiten (Online): Bei Verwendung von OWA/OO werden zeitgesteuert neue Versionen angelegt. Dieser abgewandelte Modus ist damit begründet, dass hier kein Speichern-Knopf existiert, um den Vorgang zu erzwingen. Möchte man ein Speichern zwischendurch dennoch erzwingen, muss man OWA/OO beziehungsweise das Browserfenster schließen, die Datei auschecken und dann sofort wieder einchecken. (Datenverlust ist hier nicht zu befürchten, denn es wird ja permanent im Hintergrund gespeichert)
  3. Überschreiben einer Datei: Wird eine Datei mit dem identischen Namen in eine Bibliothek hochgeladen, so wird die alte nicht überschrieben, sondern eine neue Version angelegt.  SharePoint fragt dabei, ob die bestehende Datei ersetzt werden soll. Bei Bejahen wird eine neue Version angelegt, selbst wenn es sich um zwei völlig unterschiedliche Dateiinhalte handelt.
  4. Einchecken einer Datei: Beim Wiedereinchecken nach dem Auschecken wird eine neue Version angelegt. Selbst wenn nichts geändert wurde, wird die entsprechende Option angeboten.

Limits: Wie viele Versionen werden gespeichert?

Die Zahl der Dateiversionen, die gespeichert werden, hängt vom System und den Bibliothekseinstellungen ab. Nach Angaben von Microsoft bestehen bei SharePoint 2013 und Office 365 folgende Limits:

  • Hauptversionen: Microsoft empfiehlt, nicht mehr als 400.000 Versionen zu speichern. Danach könnte Öffnen, Speichern, Löschen oder Anzeigen der Versionshistorie nicht mehr funktionieren.
  • Entwürfe: Bis zu exakt 511 Entwürfe (Nebenversionen) sind erlaubt.

Auf einem On-Premises-SharePoint 2013 gibt es kein definiertes Limit. SharePoint Online hat hingegen die Grenze von 500 voreingestellt, der Wert kann vom Site-Owner geändert werden. Bei SharePoint 2007 sind 100 voreingestellt. Es empfiehlt sich, beim Site-Owner die Versionsrichtlinien abzufragen.

Wie greift man auf alte Dateiversionen zu?

Die drei gebräuchlichsten Wege, um auf Dateien aus dem Versionsverlauf zuzugreifen, sind:

  1. Rechter Mausklick auf den Dateinamen, „Versionsverlauf“ im Kontextmenü (Funktioniert nur in SharePoint Online und SharePoint 2016
  2. Die Box links neben dem Dateinamen klicken, dann im „Dateien“-Reiter des Menübands auf Versionsverlauf klicken (Classic-Bibliothekenansicht –  Funktioniert bei SharePoint 2013, 2016 und SharePoint Online)
  3. Auf die drei Auslassungspunkte rechts vom Dateinamen klicken, dann auf die Auslassungspunkte im Vorschaukasten und dann auf „Versionsverlauf“ klickenAccessVersionHistory

Das Menü „Versionsverlauf“ und seine Funktionen

Im der Versionsverlaufsansicht (Bild unten) werden tabellarisch alle aktuellen und zurückliegenden Dateiversionen dargestellt. Angezeigt werden hier die 1) Versionsnummer, 2) Datum und Zeitstempel der Erstellung, 3) Bearbeiter, 4) Größe zum Zeitpunkt der Änderung und 5) Kommentar des Bearbeiters.

Jegliche Änderungen an Metadaten sind ersichtlich. Der Screenshot unten mit der Historie einer Excel-Datei zeigt acht Versionen. Der Titel wurde beim Erstellen der Version 4 in einen aussagekräftigeren Namen abgeändert, was hier sichtbar dokumentiert ist.

Die Versionsanzeige bietet auch die Möglichkeit, alle Versionen zu Löschen. Falls man dabei versehentlich Dokumente gelöscht hat, kann man diese über den Papierkorb der Site wiederherstellen.Version-History

Die mögliche Dateiaktionen im Versionsverlauf

Innerhalb des Versionsverlaufs-Fensters stehen Funktionen zum Handling von Versionen zur Verfügung – über das Aufklapp-Menü, welches sich mit dem Mauszeiger über dem Zeitstempel öffnet. Angeboten werden hier das Betrachten, Wiederherstellen und Löschen.

  • Klicken auf den Zeitstempel: Klickt man direkt auf den Zeitstempel, dann öffnet sich die Datei in der Fassung, die zu diesem Zeitpunkt aktuell war. Damit bietet sich die Möglichkeit, aktuelle und frühere Fassungen zu vergleichen und gegebenenfalls Inhalte zu übernehmen.
  • Anzeigen: Diese im Kontextmenü des Zeitstempels enthaltene Option öffnet die Metadaten der Version, aber nicht die Datei selbst.
  • Wiederherstellen: Mit dieser Aktion wählt man diese Fassung aus und macht sie zur neuen aktuellsten Version. Das eignet sich dazu, um etwa Änderungen eines Mitarbeiters komplett zu übergehen oder eine defekte Version zu ersetzen.
  • Löschen: Diese Aktion bewegt die gewählte Fassung in den Papierkorb der aktuellen Bibliothek.
  • Direkt auf Version verlinken: Man kann auch Links auf einzelne Versionen erstellen, indem man per rechtem Mausklick auf einen Zeitstempel klickt und „Link-Adresse kopieren“ wählt (Browser-eigenes Kontextmenü). Wird die kopierte URL in die Browser-Adresszeile eingegeben, lässt sich die Version direkt heruntergeladen.Version-History-Menu

 

Welche Dateitypen werden unterstützt?

Der Versionsverlauf kann interessanterweise mit jedem von SharePoint unterstütztem Dateityp genutzt werden, also nicht nur mit Microsoft Office-Formaten.

Microsoft-Ressourcen

SharePoint 2013, 2016, and Online

SharePoint 2010

SharePoint 2007

Originalfassung

Die englische Originalfassung des Artikels ist hier auf Icansharepoint.com zu finden: https://icansharepoint.com/the-absolute-basics-of-version-history/

Video „Version History“ (in englisch)