Wenn IT-Projekte gegen die Wand fahren: 5 Gründe – und Rezepte für die erfolgreiche Umsetzung
Aufgrund des hohen Innovationsdrucks ist die Zahl der IT-Projekte heute hoch. Doch glaubt man Studien, so scheitert ein großer Teil der Projekte. Es stellt sich also die Frage, was die Gründe dafür sind, und ob es Rezepte für den Erfolg gibt. Oft werden in Umfragen die Faktoren Zeit, Budget und Qualität genannt. Seltener hört man von einem weiteren kritischen Erfolgsfaktor: Auch der Kulturwandel sollte als wichtiges Ziel eines IT-Projekts anvisiert werden.
*von Rebecca Baumhöver, Data One GmbH
Schaut man sich die Hindernisse an, die den Projekterfolg beeinträchtigen, dann spielen vor allem Faktoren auf der menschlichen und emotionalen Ebene eine wichtige Rolle (siehe Infografik). Dabei lassen sich zwei Perspektiven unterscheiden.
Ängste und Widerstände bei den Late Adoptern
Aus Sicht der weniger technikaffinen Mitarbeiter (Late Adopter) erschweren vor allem mangelnde Kommunikation und Zusammenarbeit, aber auch fehlende Managementunterstützung sowie ungenügende Einbindung von Mitarbeitern die Umsetzung neuer Projekte. Daraus ergeben sich dann Ängste und Widerstände bei den Mitarbeitern.
Weitere Themen sind hier noch mangelnde Förderung von digitalen Technologien, Personalentwicklungs- und Trainingsmaßnahmen.
Was beeinträchtig sonst noch den Projekterfolg? Da wäre zum einen eine unklare Zielformulierung oder eine ungenügende Thematisierung der Projektgründe, des „Warum“ zu nennen. Ebenfalls macht sich eine fehlende Einbeziehung von wichtigen Stakeholdern bemerkbar.
Typisch für misslungene IT-Projekte ist oft auch die mangelnde Rückendeckung durch die Führungsetage. Des weiteren spielen intransparente Kommunikation oder Skepsis und Widerstand gegenüber Veränderungen eine beeinträchtigende Rolle.
Folgende fünf Ansätze können zum einen bei der Suche nach Ursachen helfen, und zum anderen als empfohlene Vorgehensweisen zum Projekterfolg verhelfen:
1. Klärung des „Warum“ statt unklarer Ziele und undefinierter Roadmaps
Wozu ein Projekt gestartet wird und was die konkreten Ziele sind, sollte gleich zu Projektbeginn geklärt werden. Schon am Startpunkt kann das Scheitern vorgezeichnet sein, wenn Projektdefinition und Projektplanung unzureichend, Ziele unscharf und Herausforderungen nicht geplant sind. Oder wenn die Abgrenzung zu anderen Projekten unklar ist.
Die meisten überspringen hier bereits die essenzielle Frage nach dem „Warum“. Was sind Gründe für die geplante Veränderung? Was passiert, wenn das Projekt nicht durchgeführt wird? Wenn nämlich die Gründe für das Projekt nicht klar sind, können Sie auch nicht erfolgreich auf Projektziele hinarbeiten. Formulieren Sie Ihre Gründe und Visionen für das Projekt. Stellen Sie sich diese Warum-Frage ganz bewusst, erkennen Sie Beweggründe für Ihr Projekt und kommunizieren Sie diese mit allen Betroffenen.
Ein unreflektierter Projektstart kann nämlich weder Ihre Kollegen, Mitarbeiter noch Kunden überzeugen. Nur durch eine ehrliche Auseinandersetzung mit Ihren Beweggründen können Sie auch andere Menschen von Ihren Ideen überzeugen und Motivation auslösen.
2. Mitarbeiter und wichtiger Stakeholder einbinden
Um ein IT-Projekt zur Erfolgsgeschichte zu machen, binden Sie Ihre Mitarbeiter von Anfang an mit ein. Verstehen Sie die Mitarbeiter als Kunden Ihres IT-Projekts. Engagement und Begeisterung für die Mitarbeit und das Vorantreiben des Projekts sind nicht selbstverständlich. Dafür ist eine ganzheitliche Begleitung Ihrer Mitarbeiter von Nöten – von Maßnahmen der Kommunikationsförderung bis hin zu Key-User-Trainings.
Um ein Scheitern zu vermeiden, müssen alle vom Projekt Betroffenen frühzeitig und ausreichend informiert werden. Doch ein reiner Informationsaustausch reicht nicht aus. Gehen Sie auf Fragen, Wünsche und Bedürfnisse der verschiedenen Personengruppen ein. Nur so planen Sie das Projekt nicht an konkreten Anforderungen vorbei.
3. Rückendeckung durch die Führungsetage
Projekte sind maßgeblich von der Unternehmenskultur abhängig. Projektziele zu erreichen spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle. Doch es bedarf noch mehr: Die Führungsetage muss als Gallionsfigur mit gutem Beispiel vorausgehen.
Geben Sie Ihrem Projekt außerdem ein Gesicht. Der Projektsponsor muss nicht immer nur der Geldgeber sein. Schaffen Sie sich Verbündete und Repräsentanten, die die Projektziele kommunizieren und diese vorantreiben. Dieses mitreißende Gefühl soll allen Mitarbeitern auf allen Ebenen vermittelt werden.
Bereits die Projektleitung und die Führungsetage müssen zeigen, dass Sie das Projekt ebenfalls ernst nehmen und Ziele erreichen möchten. Stellen Sie sicher, dass Sie ein glaubwürdiges und kompetentes Sprachrohr für Ihr Projekt wählen, das alle Menschen erreicht und überzeugt.
Doch vergessen Sie dabei nicht, auch das mittlere Management mit einzubeziehen. Denn mit deren Einstellungen zum Projekt, ihrer unmittelbaren Nähe und ihrem Einfluss auf jene Mitarbeiter steht und fällt Ihr Vorhaben.
4. Transparenz – Kommunikation ist das A und O
Transparente Kommunikation ist ein essenzieller Erfolgsfaktor für effiziente Projekt-Durchführungen. Unternehmensweite Kommunikation sorgt für eine bessere Orientierung für Mitarbeiter. Gehen Sie hier auch wieder auf das „Warum“ ein.
Kommunikation erfolgt außerdem nicht immer nur top-down als Projektinformation. Nutzen Sie auch als Projektteam persönliche Gespräche, um Konflikte und Widerstände frühzeitig zu erkennen und proaktiv abschwächen zu können, Feedback einzuholen und soziale Integration aller Mitarbeiter zu fördern.
Klare und konsistente Kommunikation mit jeder Zielgruppe ist deswegen unumgänglich, denn es gibt kein „zu viel Kommunizieren“. Ihre Sprache und Inhalte sollten Sie dabei zielgruppengerecht gestalten. Die Kommunikation auf sachlicher, informativer Ebene reicht jedoch bei weitem nicht aus. Ein reines Projekt-Status-Update im Intranet reißt niemanden mit.
Sie sollten auch auf einer emotionalen Ebene mit Mitarbeitern und Kunden kommunizieren. Dabei können kreative Kommunikationsmaßnahmen Ihre Projektumsetzung zu einem Erfolg machen. Von Postern, über Blog-Beiträge, Newsletter, Give-aways und Videobotschaften hin zu Podcasts ist der Kreativität dabei keine Grenze zu setzen.
5. Veränderung managen: Change Management statt nur Trainings
Die Projektpraxis zeigt, dass ein geplantes und organisiertes Change Management bei Projektdurchführungen meist unumgänglich ist. Um mit Veränderungen durch eine Projekteinführung effektiv umgehen zu können, müssen die ausgelösten Change-Prozesse systematisch erkannt, geplant, gesteuert und bewertet werden. Die Arbeit des Change Managements darf dabei jedoch nicht einfach nebenbei ablaufen, sondern sollte sich strategisch in das Projekt einfügen.
Wichtig zu verstehen: Change Management bedeutet mehr als zielgerichtete Trainingsmaßnahmen anzubieten. Veränderung aktiv managen heißt, in persönliche Gespräche gehen, Wertschätzung entgegenbringen, Herausforderungen des Individuums verstehen und gegebenenfalls mit Projektanpassungen darauf reagieren. Es sollte also auch ein gewisses Maß an Agilität gewährleistet werden, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können und stets handlungsfähig zu bleiben.
Fazit: Den Faktor Mensch in Projekten mitdenken
Umfragen zeigen, dass oftmals Probleme auf emotionaler und menschlicher Ebene zum Scheitern von Projekten führen. Dabei wiederholen sich immer wieder bestimmte Muster, die sich als Hürden in Projektplanung und -umsetzung erweisen.
Dabei lässt sich bei allen aufgelisteten Gründen ein klarer roter Faden erkennen: Auch in hochtechnischen IT-Projekten müssen wir unbedingt den Faktor Mensch mitdenken.
*Rebecca Baumhöver ist Digital Business Solutions Consultant bei der Data One GmbH in Saarbrücken. Als Teil der im Jahre 2019 neu geschaffenen Digital Agency berät sie Geschäftskunden in software-unabhängigen Change Management Projekten sowie digitalen Strategiethemen.
Literatur
Brandstäter, J. (2013). Agile IT-Projekte erfolgreich gestalten. Risikomanagement als Ergänzung zu Scrum. Wiesbaden: Springer.
Lauer, T. (2014). Change Management. Grundlagen und Erfolgsfaktoren. 2. Aufl. 2014. Berlin: Springer/Gabler.
Schaefer, D., Bohn. U., Crummenerl, C., & Graeber, F. (2017). Culture First! Von den Vorreitern des digitalen Wandels lernen Change Management Studie 2017.