Vergleich Power Platform und Nintex - Top-Tools für Prozessautomatisierung mit ihren Vor- und Nachteilen (Teil 1)
Automatisierung zählt aktuell zu den beherrschenden Themen am digitalen Arbeitsplatz. Mit den richtigen Apps und Werkzeugen für Workflows und Formulare lassen sich viele alltägliche Aufgaben schneller lösen. Die beiden derzeit bekanntesten Produkte sind die Power Platform von Microsoft und die Prozessplattform von Nintex. In diesem ersten Teil vergleichen wie die Kontrahenten Power Apps und Nintex Forms. Der zweite Teil wird Power Automate und Nintex Workflow gegenüberstellen.
Von Dr. Julian Bahrs*
Die Voraussetzungen für die Prozessautomatisierung
Bei der Prozessautomatisierung geht es um technisch unterstützte Abläufe, bei denen eine Reihe von Aktionen oder Schritten von selbst ablaufen. Ein solcher Prozess kann durch einen Zeitplan ausgelöst werden, durch ein definiertes Ereignis oder auch durch manuelles Auslösen.
Um Prozesse mit Hilfe von Software zu automatisieren, setzt man üblicherweise Workflow- und Formularlösungen ein. Nintex und Microsoft gelten hier als die bekanntesten Anbieter, beide bieten leistungsfähige Tools dafür an.
Variante 1: Cloud-Automatisierung mit der Microsoft Power Platform
Die Microsoft Power Platform besteht aus vier Schlüsselprodukten: Power Apps, Power Automate, Power BI und Power Virtual Agents. Sie ist Bestandteil von Office 365 und damit eine rein Cloud-basierende Lösung, die sich nahtlos in diese Umgebung integriert. Mit der Power Platform lassen sich sowohl einfache Abläufe wie auch komplexen Geschäftsprozesse automatisieren.
Automatisierung bedeutet immer auch das Verknüpfen von unterschiedlichen Systemen und das Zugreifen auf diverse Datenquellen. Dafür werden Konnektoren benötigt, und derer gibt es für die Power Platform mit rund 350 sehr viele. Als weiter Vorteil sind die vielen einsatzbereiten Vorlagen zu nennen, mit denen typische Abläufe wie etwa das Senden einer Mail bei Einträgen in einer SharePoint-Liste und dergleichen bereits vorkonfiguriert sind.
Variante 2: Flexibilität mit der Nintex Prozess Plattform
Das Portfolio von Nintex bedient drei Einsatzbereiche: Automatisierung, Optimierung und Prozessmanagement. Der Fokus des Herstellers liegt dabei auf der Unterstützung von komplexen Geschäftsprozessen.
Zu den verschiedenen Modulen der Nintex-Plattform gehören Hawkeye und Workflow, mit denen sich die Prozesse eines Unternehmens von A bis Z betreuen lassen. Nintex ist heute einer der wenigen verbliebenen Hersteller, der sowohl Cloud- wie On-Premises-Lösungen anbietet.
Da sich Nintex als neutraler Drittanbieter versteht, verfügen die Tools über eine umfassende Konnektivität auch jenseits der Microsoft-Landschaft, etwa in Richtung SAP und Salesforce. Aufgrund der langen Microsoft-Historie lässt es sich aber auch gut in die SharePoint-Oberfläche integrieren.
Die folgende Grafik zeigt die Module der Nintex-Prozess-Cloud sowie das Erweiterungsframework Xtensions.
Gegenüberstellung Microsoft Power Apps vs. Nintex Forms
Sowohl Microsofts wie Nintex‘ Prozessplattform bieten vielfältige Möglichkeiten rund um Workflow- und Formularlösungen. Um die richtige Entscheidung für die eine oder die andere Plattformen zu treffen, sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen.
In diesem ersten Teil stellen wir Power Apps und Nintex Forms gegenüber. Zunächst einmal sind folgende Gemeinsamkeiten festzustellen:
I: Die Gemeinsamkeiten von Power Apps und Nintex Forms
- Formulare mit dynamischen, responsiven und moderne Eingabemöglichkeiten
- Anbindung an externe Datenquellen
- Mobil-fähig ohne zusätzlichen Aufwand
- Designer-Oberfläche in Browser-Umgebung
- Erstellte Formulare können dynamisch auf Eingaben reagieren, basierend auf festgelegten Regeln
II: Die Unterschiede zwischen den Plattformen
Die interessante Frage ist nun, wo die Unterschiede zwischen den beiden Tools liegen. Hier die Zusammenfassung:
Cloud und On-Prem-Support – Nintex: Auffallendes Alleinstellungsmerkmal von Nintex Forms ist die Unterstützung von Cloud- und On-Premises-Anwendungen. Damit lässt es sich auch in herkömmlichen SharePoint- und Hybrid-Umgebungen einsetzen.
Die Power Apps hingegen lassen sich nur in Cloud-Umgebungen verwenden und benötigen daher SharePoint Online. Das wiederum garantiert die einfache Integration in andere Office 365 Apps wie Microsoft Teams.
Einfache oder komplexe Lizenz: Auch bei der Lizenzierung unterscheiden sich die Tools deutlich. Power Apps erfordern eine Lizenz für jeden einzelnen Benutzer. Für Nintex Forms hingegen muss ein Unternehmen lediglich eine Lizenz erwerben, damit jeder Mitarbeiter damit arbeiten kann.
Mehr Benutzerfreundlichkeit – Nintex: Die Nintex-Anwendung glänzt mit einer intuitiven und einfach zugänglichen Oberfläche. Damit eignet sich die Plattform besonders für Citizen-Developer. Wenn es um die individuelle Anpassung von Formularen geht, lässt sich das hier meist per Konfiguration lösen, ohne eine Zeile Code zu schreiben.
Weniger Benutzerfreundlichkeit – Microsoft: Im Vergleich dazu lässt die Power Platform einige Wünsche offen. Die Bedienung ist nicht so intuitiv, oft sind Programmierkenntnisse erforderlich, da die Notationen der Programmierung ähnlich sind. So kann die Lernkurve beim Erstellen von ansprechenden dynamischen Apps recht steil ausfallen. Das gilt vor allem bei responsiven Applikationen, die einen gewissen Kenntnisgrad voraussetzen.
Besondere Funktionen und Extras: Ein weiterer Unterschied betrifft schließlich die Premium Features der beiden Plattformen. Bei den Power Apps wäre hier die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) zu nennen. Damit lassen sich Hardware-Komponenten direkt in der Applikation benutzen, wie beispielsweise ein Barcode-Scanner.
Als Besonderheit bietet Nintext Forms eine Adobe-Sign-Integration, mit der Dokumente für elektronische Signaturen verschickt werden können.
*Dr. Julian Bahrs ist Managing Director bei der IPI GmbH und Kopf der strategischen Beratung