Interview mit Jeff Teper auf der Sharepoint Conference 2012: Komplexität, Cloud und Social Networking
Auf der Sharepoint Conference 2012 letzte Woche in Las Vegas hatte ich die Gelegenheit zu einem Interview mit „Sharepoint-Vater“ Jeff Teper (offizieller Titel: Corporate Vice President, Office Business Platform, Microsoft). Themen waren unter anderem die Komplexität von Sharepoint, die Integration der Yammer-Plattform sowie die Cloud-Skepsis deutscher Unternehmen. [UPDATE: Inzwischen wurde das Interview in der COMPUTERWOCHE Print 49/2012 (PDF) und auf Computerwoche Online veröffentlicht]
F: Herr Teper, auch die neue, fünfte Generation des Sharepoint Server bietet wieder eine nahezu unübersichtliche Vielfalt an Funktionen – von Dokumentenmanagement über Business Intelligence, Web-Publishing und Suche bis Social Collaboration. Wie erklären Sie ein solch komplexes Produkt Entscheidern und nicht-Technikern?
Teper: Unsere Kunden haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse rund um Informationsmanagement und Zusammenarbeit. Und die bedienen wir mit einer ganzheitlichen Informationsmanagementlösung, die alle dazugehörigen Aufgabenbereiche abdeckt. Zusätzlich konzentrierten wir uns bei der Entwicklung der neuen Version 2013 auf mehr Einfachheit aus Endanwendersicht, Social-Collaboration und mobile Apps. Generell möchte ich aber feststellen, dass die Vielfalt von Sharepoint durchaus die Bedürfnisse unserer Kunden wiederspiegelt.
Im Übrigen tragen wir mit unseren Cloud-Produkten dazu bei, die Komplexität für die Kunden zu verringern. Viele Unternehmen wollen ja ein breites Funktionsspektrum aus Sharepoint, Exchange und Lync im Zusammenspiel nutzen, aber es mangelt ihnen an den IT-Ressourcen für Implementierung und Betrieb. Hier senkt Office 365 deutlich die Einstiegshürden, weil es schon nach wenigen Konfigurationsschritten Funktionen wie ECM, Suche, BI und Social-Anwendungen aus der Cloud zur Verfügung stellt.
Unternehmen benötigen Social-Collaboration
F: Sie stellen in letzter Zeit das Thema Social Business Collaboration stark in den Vordergrund, nun haben sie mit der Yammer-Übernahme eine weitere große Plattform neben Sharepoint gestellt. Sind ihre Kunden denn schon auf breiter Basis bereit für Social-Networking, oder betrachten Sie das als eine große Wette auf die Zukunft.
Teper: Es trifft wohl beides zu, und das entspricht unserer Microsoft-Philosophie. Wir waren ja auch in der Vergangenheit mit vielen Initiativen lange vor der Marktreife unterwegs. Als wir zum Beispiel unsere ersten Cloud-Dienste starteten, sagten uns viele Unternehmen, dass sie niemals in die Cloud migrieren werden. Zwar nutzt noch nicht jeder die Cloud und Social-Networking, aber aktuell sind es bereits ein Viertel der Unternehmen, und in den nächsten Jahren dürfte die Quote auf 50 Prozent ansteigen.
Wir sind überzeugt davon, dass Unternehmen Social Collaboration benötigen, um ihre Mitarbeiter dazu zu bringen, besser und schneller auf Geschäftssituationen zu reagieren und mit Kunden und Partnern zu kommunizieren. Selbst Restaurantketten, mit denen wir sprechen, denken über die Verwendung von Social-Tools an einfachen Arbeitsplätzen nach.
F: Nach der Übernahme von Yammer gibt es starke Überschneidungen im Social-Portfolio mit Sharepoint. Planen Sie, Yammer komplett in Sharepoint zu integrieren oder wird es eine eigenständige Plattform bleiben?
Teper: Wir werden Yammer auch weiterhin als eigenständiges Produkt weiterführen, allerdings kombinieren wir es an vielen Stellen mit Sharepoint – zum Beispiel bei den Social-Funktionen in Office 365. Yammer wird in Zukunft als Social-Layer in alle Microsoft Produktlinien integriert werden. Wir haben dazu ein neues Protokoll entwickelt, den Enterprise Graph, der auf dem Open Graph von Facebook basiert. Mit dem Yammer Enterprise Graph sind beispielsweise automatisierte Statusupdates zu bestimmten Arbeitsschritten möglich. Wird etwa ein Dokument in Sharepoint bearbeitet, erscheint der neue Status automatisch in der Yammer-Konversation. Ebenso kann eine Reisekostenabrechnung aus Dynamics in einem Sharepoint Newsfeed erscheinen.
Sharepoint-Funktionen werden in Yammer eingebettet sein und umgekehrt, aber die Anwender werden davon nichts bemerken. Unser neues Preismodell kommt im Übrigen solchen Kombiszenarien entgegen, denn die Kunden erhalten beide Produkte zu einem einheitlichen Preis.
Zukünftig sind Cloud-only-Funktionen vorstellbar
F: Sie haben angekündigt, dass die funktionalen Unterschiede zwischen ihren klassischen Servern und den Cloud-Pendants schon bald verschwinden. Werden wir demnächst Cloud-Produkte sehen, die den On-Premises-Varianten überlegen sind?
Teper: Wir sind mit Sharepoint 2013 schon recht weit mit der Angleichung der beiden Versionen. Noch gibt es aber einige Dinge, die wir in der Cloud nicht komplett umgesetzt haben. Bei BI-Aufgaben beispielsweise wird es weiterhin schwer sein, große Datenmengen in die Cloud hochzuladen, um mit ihnen dort zu arbeiten.
In Zukunft werden wir die Cloud-Produkte aber regelmäßig aktualisieren, und es ist auch denkbar, dass Cloud-only-Funktionen kommen werden. Szenarien dafür wären beispielsweise umfangreiche BI-Analysen. Auf verteilten Systemen in Rechenzentren lassen sich solche Aufgaben in wenigen Sekunden erledigen, während eine IT-Organisation für die entsprechende Rechenleistung viel Geld in neue Server investieren müsste.
F: Deutsche Unternehmen sind beim Thema Cloud bekanntlich sehr zurückhaltend, einige Industrien wie Banken und Versicherungen lehnen den Einsatz aus Sicherheitsgründen sogar kategorisch ab. Wie wollen Sie solche Anwender für Ihre Services gewinnen?
Teper: Die deutschen Banken sind natürlich keine Early Adopters, aber wir sind mit einigen im Gespräch und diskutieren über mögliche Anwendungsgebiete. In solchen Umfeldern wären beispielsweise hybride Szenarien denkbar. Sharpoint in Office 365 könnte bei der Kundenkommunikation zum Einsatz kommen, während die Kernbankensysteme in eigenen Rechenzentren laufen. Man darf in dieser Diskussion aber die ökonomischen Vorteile von Cloud-Anwendungen nicht übersehen. Viele CFOs und CEOs, die ja die Budgets zu verantworten haben, sind inzwischen auf das Thema aufmerksam geworden und zeigen großes Interesse.
F: Sie haben auf der Sharepoint Conference die wichtigsten neuen Funktionen von Sharepoint 2013 vorgestellt. Was sind ihre persönlichen Favoriten – etwa hinsichtlich Usability oder einer speziellen technischen Herausforderung?
Teper: Mein Lieblings-Feature aus Endanwendersicht ist Skydrive Pro, weil es den direkten Zugriff auf Sharepoint-Dokumente über den Desktop von jedem Ort aus ermöglicht. Und unsere größte technische Herausforderung war die Optimierung des Seiten-Renderings, damit Sharepoint auch über schmalbandige Netze schnell reagiert. Wir haben dabei jeden Aspekt des Seitenaufbaus in Sharepoint gemessen, und mit großem Aufwand die Javascripts beschleunigt. Damit erreichten wir einen deutlich schnelleren Seitenaufbau. Nur so war es überhaupt möglich, unsere Konferenz-Demo von unserem Amsterdamer Rechenzentrum aus über den Atlantik nach Las Vegas zu spielen.
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