Ernüchterung beim Copilot-Reality-Check: Wo bleiben die brauchbaren deutschen Lokalisierungen?
Microsoft befindet sich mit dem Copilot weiter auf Höhenflug. Laufend kommen neue KI-Tools dazu, und der Aktienkurs segelt auf Dauerhoch. Doch wie steht es um den praktischen Nutzwert im geschäftlichen Einsatz? Noch klaffen große Lücken, und etliche Versprechen harren der Umsetzung, beklagt Alexander Fischer in seiner Kolumne.
Mit dem Copilot-Hype hat sich Microsoft am Markt ganz vorne positioniert. Zu Recht, denn die neuen Tools lassen beeindruckende Möglichkeiten erahnen. Schon beim ersten Rumprobieren konnte ich binnen Sekunden ein Sitzungsprotokoll erstellen, inklusive aller wichtigen Inhalte und Zitate. Viele Controller bekommen schon feuchte Augen, weil sich hier deutlich Verbesserungen bei der Arbeitseffizienz andeuten.
Von Seiten der Datenschutzes hingegen hört man einiges an kritischen Stimmen. Diese teile ich nicht, aktuell kann ich bei der Sicherheit keinen Showstopper erkennen. Solange man sich an die Regeln hält, lassen sich die Copiloten auch heute schon ohne Datenschutzrisiken im Unternehmen einsetzen.
Im Gartner-Hype-Cycle geht’s mit KI abwärts
Erste düstere Wolken schieben jedoch die Analysten von Gartner in die heitere KI-Kulisse. Laut deren Hype-Cycle geht es nämlich mit dem Thema Artificial Intelligence gerade nach unten, in Richtung „Tal der Ernüchterung“ (Trough of Disillusionment).
Auch wenn einen solche Markprognosen kalt lassen, so zeichnen sich andere Probleme ab, die die Anwender im deutschsprachigen Raum die Stirn runzeln lassen. Aktuell fehlen hier nämlich viele Funktionen, die der zögerlichen Lokalisierung geschuldet sind. Englisch geht offenbar vor, andere Sprachen müssen warten. Für ein Werkzeug, das auf Spracherkennung und Dialog in Landessprache baut, heißt das, dass es sich in dieser frühen Reifstufe noch nicht auf breiter Front ausrollen lässt.
Funktionale Defizite bei deutschsprachigen Copiloten
Microsoft wirbt den Copilot derweil mit netten Office-Funktionen wie „ändere die erste Zeile in Excel in Gelb“ oder „setze die Schriftart in PowerPoint auf 16 Punkt“. Ob das ausreicht, um die Kunden für teure Zusatzlizenzen zu begeistern, möchte ich bezweifeln. Man fragt sich, ob Microsoft diese Defizite tatsächlich in nächster Zeit eliminieren wird – oder ob der deutschsprachige Raum zukünftig eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Ein solches Vorgehen deutet jedenfalls auf die der klassischen Bananenstrategie hin: Die unfertige Software reift beim Kunden. Für Copilot heißt das, dass die Kunden etwas kaufen, was erst im Nachgang mit der vollen Funktionsfähigkeit ausgestattet wird. Das erinnert an Navigationssysteme, bei denen das Kartenmaterial für die eigene Region erst später nachgeliefert wird.
Derzeit ist noch kein ROI erkennbar
Noch ist die Neugier und das Interesse bei den Unternehmen groß. Doch die Gefahr besteht, dass schon bald viele Kunden in ihrer Erwartungshaltung enttäuscht sind. Ich warte derzeit noch optimistisch auf den Tag, an dem die KI-Plattform ihren ROI unter Beweis stellen kann. Derzeit ist das aber leider noch nicht der Fall.